Der Bauernhamlet

Satire von William Shakespeare Ekkehard Schönwiese
ID# 433-19
Verlag Österreichischer Bühnenverlag Kaiser & Co. Ges.m.b.H.
A-1010 Wien, Am Gestade 5/2
Akte 3
Dekorationen 1
Männer 6
Frauen 6
Kinder
Personen 12
Eine Spiel-im-Spiel-Situation ist angesagt, eine Bauernbühne bei der Generalprobe zu Hamlet wird gespielt. Das ist die Rahmenhandlung. Den Hamlet hat sich das Ensemble aber ganz schön auf seine Bedürfnisse zurechtgestutzt. Aus dem Totengräber ist ein Totenweibl geworden, Hamlets Geist darf das ganze Stück über als Freigeist auf der Bühne spuken, und am Ende entscheidet nicht ein Degenkampf über Leben und Tod, sondern ein Hahnenkampf. Punkturn. Und der Rest ist Schweigen. Beim Heranholen eines sprachlich höchst poetischen und hochgebildeten Textes wird vielleicht manche Stelle bei allem erhaltenen Tiefsinn auch von jenen verstanden, die Hamlet gar nicht so gut kennen, wie sie geglaubt haben.
Travestieren heißt verkleiden. Demnach geht es in dem Stück um einen in das bäuerliche Milieu versetzten Hamlet. Das ist vor allem für jene ein Spaß, die das Original, das 'verkleidet' wird, kennen. Hamlet ist bekannt. Nun gut, aber wie gut kennen wir ihn wirklich, abgesehen von den geflügelten Worten "Sein oder Nicht sein" oder "Der Rest ist Schweigen"? Das Stück setzt die Kenntnis von Hamlet nicht voraus, aber wer ihn kennt, hat dabei ein doppeltes Vergnügen.
Der Bauernhamlet, ein echter Wahnsinn
Ein echter Hahnenkampf als Gottesurteil im Kampf zwischen Hamlet und Laertes! So schlägt das Schicksal sympathisch zu. Hamlet senior, ein Freigeist, der das Spuken nicht lassen kann. Rosenkranzerl und Güldenstern, die den König Klaudius mit einem Volkstheatermordsspektakel bis zur Weissglut treiben. Ein Hamlet aus bäuerlichem Fleisch und Blut. Der totale Wahnsinn geht um. Und doch ist's keine Persiflage und keine billige Satire. Dem Volksstückhaften Shakepeares auf der Spur, gilt es, hochtrabender Worte Schein mit deftiger Volkstheatersprache zu begegnen. Nicht Stumpfsinn ist des Tiefsinns Gegensatz. Was hier versucht wird ist, den Sinn zu finden in Ursprünglichkeit.
Die Urauffühung fand im Spätsommer des Jahres 1991 im “Theater um Bauernhof” in der Weststeiermark statt. Es war von einem tragischen Ereignis überschattet. Ein Sohn des Ehepaares, das das Totenweiberl und den Geist spielte ist kurz vor der Premiere tödlich verunglückt. Bei der Generalprobe kam ein Polizist auf die Bühne und überbrachte die Nachricht.... vier Wochen wurde die Uraufführung verschoben. Da brach sich der Darsteller des Hamlet, der Bruder des verunglückten das Bein. Weiter drei Wochen später fand dann die Uraufführung statt, nicht ohne daß im Dorf die Sage umging: “Ja, wenn man solche Stücke spielt...”
2002 war der Bauernhamlet in München-Eching zu sehen. Der Polonius - Darsteller verschluckte halb seinen Bart und rang verzweifelt nach Luft. Das Publikum lachte begeistert.
Die Geschichte des Theaterforum Humiste in Imst begann mit der Aufführung des "Bauernhamlet"
Wußten Sie schon
dass eines der ältesten Zeugnisse über volkstheaterhafte Shakespeareaufführungen englischer Komödianten (1608) auf dem Kontinent aus Graz stammt?
... dass Hamlet "der Prinz von Denemarkt" als bäuerliches Ritterspiel vor über hundert Jahren ein grosser Volkstheaterrenner war (Der "Seebrucker Bauernhamlet")?
... dass bei Hamlet Beifallsstürme und Ohnmachtsanfälle an der Tagesordnung waren?
...dass Hamlet immer wieder mit Darstellerinnen besetzt wurde?
... dass die Zuschauer Shakespeares Adelige, Bürger, Hafenarbeiter, Bauern, Strolche und Dirnen waren?