Kindertragödie

Drama von Karl Schönherr
ID# 275-06
Verlag Hans Pero Bühnen- und Musikverlag
A-1010 Wien, Bäckerstraße 6
Akte 3
Dekorationen 3
Männer 2
Frauen 1
Kinder
Personen 3
V:"Junge Menschen wachsen in der scheinbar heilen Weit aus, die von dem Streben nach der Gnade Gottes dominiert wird. Nach und nach enthüllen sie die Verlogenheit ihrer Umwelt und müssen erkennen, daß sogar ihre "fromme" Mutter mit ihnen nur ein Spiel spielt. Sie betrügt ihren Mann, einen angesehenen Förster, mit dem jungen Forstgehilfen. Eine Welt stürzt zusammen für die drei heranwachsenden Kinder. Der Zuschauer erlebt die Wandlung verspielt naiver, junger Menschen, die langsam abstumpfen in einer Weit, die sie nicht verstehen, und deren Unschuld allein durch die Nähe des Bösen korrumpiert wird. Das mit drei Jugendlichen zu besetzende Stück beschreibt eindrucksvoll und anklagend das Schicksal von Kindern, die von ihren Eltern allein gelassen wurden."
Das Stück wird in vielen Inszenierungen als Fallbeispiel der Verwahrlosung von Kindern durch "unmoralische" Eltern interpretiert. Kinder spüren, wenn etwas nicht stimmt mit der Welt der Eltern. So läßt sich das Spiel als Parabel begreifen und allgemein als Sinnbild für den Verlust von Werten verstehen, deren Brüchigkeit von der Jugend erst verdrängt, und dann gewaltsam aufgedeckt wird.
Viel differenzierter fällt das Urteil aus, wenn die Entstehungsgeschichte des Stückes bedacht wird. 1905 schrieb Schönherr das Schauspiel "Familie", wo wesentliche Motive der "Kindertragödie" sozusagen veranlagt sind. Allerdings wird die "Kindertragödie" mit der Vorgeschichte völlig neu lesbar, und umgekehrt ist nicht recht verständlich, warum die Vorlage nichtebenso zum Klassiker des Volkstheaters geworden ist wie die "Kindertragödie". In "Familie" geht es um den Verfall von Wertvorstellungen eines bestimmten Milieus, bei denen das Drama von Kindern, die ihre Eltern schonen wollen, breit gefächert dargestellt wird. Vor allem lernen wir in "Familie" die Erwachsenen als Protagonisten und Figuren einer bestimmten Zeit kennen. Der Vater ist Oberförster, die Familie lebt in gediegenen Verhältnissen eines fürstlichen Beamten.
"Die Kindertragödie" (1913, Grillparzerpreis 1920) ist ein Motivauszug aus "Familie" und keineswegs das ein wenig modifizierte Stück, wie es in Katalogen, Büchern und Abhandlungen heißt.
Ein Stück zur Wiederentdeckung!